Musiktherapie Erfahrungen
für die Psychiatrie und die Psychosomatik


Den sicheren Ort verlassen

Eine Übung, mit der man ausprobieren kann, achtsam aus einen selbstgebauten sicheren Ort im Raum zu gehen.

Bereich

Erwachsene, evlt. auch Jugendliche?

Form

Einzel- oder Gruppentherapie

Equipment

Lautsprecher, Seilen oder Tücher

Themen

Selbstwahrnehmung, Selbstwirksamkeit

Inspirationsquelle

in Rahmen einer Weiterbildung


Vorbereitung

  • Jede:r sucht sich einen Platz im Raum aus, an dem er/sie sich wohl fühlt. Dieser Platz kann in der Mitte vom Raum sein, am Rand, in der Ecke, wie auch immer. Jede:r wird eingeladen, den Platz so zu gestalten, dass es sich auch sicher anfühlt: alle Gegenstände dürfen benutzt werden! Hier ist es auch hilfreich, wenn der/die Therapeut:in Seile oder bunte Tücher anbietet, mit denen die Patient:innen ihre Plätze nach Bedarf ausbauen bzw. umrahmen können.
  • Jede:r soll sich auch ein kleines Instrument aussuchen, das man leicht in der Hand halten kann.
  • Der/die Therapeut:in gibt an, dass diese Übung ca. 15 Minuten dauert, und dass es Musik im Hintergrund geben wird, damit sich alle darauf einstellen können.
  • Die Musik (siehe unten) wird gestartet und somit auch die Übung.

Anleitung: Stichpünkte

  • Erstmal ankommen, wahrnehmen, atmen

  • Augen aufmachen, rumschauen, wahrnehmen, weiteratmen
  • Aufstehen (mit Instrument oder ohne), wahrnehmen und weiteratmen
  • Mit einem Fuß aus dem Ort raustreten und wieder zurück, mit oder ohne Instrument, wahrnehmen und weiteratmen
  • Mit beiden Füßen aus dem Ort raustreten und wieder zurück, mit oder ohne Instrument, wahrnehmen und weiteratmen
  • Durch den Raum gehen, mit oder ohne Instrument, wahrnehmen und weiteratmen

Anleitung: lange Version

  • Machen Sie es sich bequem an ihrem Platz. Ob im Sitzen, im Stehen, mit geschlossenen Augen oder mit Blick auf einem Punkt fixiert, mit Instrument in der Hand oder auf dem Boden. Probieren Sie aus, was für sie am Anfang am sichersten ist. Atmen Sie hier einen Moment durch. Spüren Sie in den Körper hinein, ohne etwas verändern zu wollen. Was macht der Kiefer? Was machen die Schulter? Was macht der Nacken? Atmen Sie tief ein, halten Sie den Atem einen Moment, und atmen Sie wieder aus. Bleiben Sie offen und neugierig. Horchen Sie in den Raum hinein, was für Geräusche es gibt, was die Musik gerade macht.
  • Wenn Sie die Augen geschlossen hatten, können Sie nun die Augen öffnen. Wenn Sie sich auf einem Punkt geschaut haben, können Sie nun den Blickwinkel erweitern. Nehmen Sie auf, was Sie im Raum sehen. Wie ändert sich Ihre Wahrnehmung, wenn noch einen Sinn dazu kommt? Wollen Sie Ihr Instrument von dieser Position aus spielen? Bleiben Sie neugierig. Atmen Sie auch bewusst weiter - ein und aus... ein und aus...
  • Nun stehen Sie langsam auf. Sie bleiben an der Stelle, an der Sie jetzt sind, aber nun können Sie noch eine Perspektive erkunden. Wie fühlt sich diese neue Perspektive aus? Was macht es mit Ihrem Körperhaltung, mit ihrem Atem? Drehen Sie sich auch langsam auf dem Punkt, auf dem Sie stehen. Fühlt es sich anders an, wenn Sie ihren Körper anders positionieren? Gibt es eine Position, in der Sie sich besonders wohl oder unwohl fühlen? Haben Sie Ihr Instrument in der Hand oder liegt es auf dem Platz? Bleiben Sie offen und neugierig dafür, was Ihnen Ihr Körper kommuniziert. Vertrauen Sie ihr Bauchgefühl. Atmen Sie weiter, ein und aus ... ein und aus ...
  • Treten Sie nun mit einem Fuß außerhalb von ihrem sicheren Ort. Bleiben Sie einen Moment in der Haltung, dann treten Sie wieder zurück mit beiden Füßen in ihrem sicheren Ort. Probieren Sie auch, mit dem anderen Fuß außerhalb des Platzes zu treten. Verlagern Sie ihr Gewicht auch nach vorne, dass nur der hinteren Fuß im sicheren Ort bleibt. Oder vielleicht drehen Sie sich, dass die Hälfte Ihres Körpers innen und die Hälfte außen ist. Auch hier können Sie entscheiden, ob Sie das Instrument mitbringen und ab und zu spielen oder ob Sie dies an dem Platz lassen. Bleiben Sie neugierig und hören Sie auf Ihr Bauchgefühl, was Sie ausprobieren möchten. Atmen Sie immer weiter, ein und aus... ein und aus...
  • Nun probieren Sie es aus, mit beiden Füßen aus den Platz rauszugehen. Sie verlassen den Platz noch nicht, sondern bleiben Sie mit Füßen direkt außerhalb vom sicheren Ort. Sie können es erneut versuchen, den Körper umzudrehen oder seitlich zu drehen. Das Instrument können Sie auch beliebig zum Klang bringen. Sie dürfen auch immer wieder mit einem Fuß oder beiden Füßen im sicheren Ort zu stehen, wenn Sie es brauchen. Hören Sie in den Körper hinein, was Sie gerade ausprobieren möchten. Atmen Sie immer weiter ein und aus... ein und aus...
  • Sie dürfen nun weiter von Ihrem sicheren Ort weg gehen und die Außenwelt erkunden. Gehen Sie Schritt für Schritt und spüren Sie weiterhin in sich hinein. Vielleicht halten Sie inne nach einem Schritt, vielleicht trauen Sie sich zwei Schritte zu gehen bevor Sie innehalten. Spielen Sie Ihr Instrument, wenn Ihnen dies auch etwas Sicherheit gibt. Nehmen Sie die Umgebung wahr, wie es sich anfühlt und was Sie allgemein aus einem neuen Blickwinkel wahrnehmen. Spüren Sie wieder ihren Schulter und Kiefer, ob diese sich entspannt oder angespannt haben beim Verlassen vom sicheren Ort. Sie müssen nichts ändern, nur wahrnehmen. Und immer wieder atmen Sie weiter, ein und aus... ein und aus...
  • Kommen Sie zu einem Endplatz für diese Übung, sei es irgendwo neu im Raum oder zurück zum sicheren Ort. Atmen Sie etwas tiefer ein und aus, um zurück in den Alltag zu kommen.

Mögliche Themen zu reflektieren

  • Allgemeine Erfahrungen
  • Wie der Platz aufgebaut wurde
  • Wie es sich angefühlt hat, mit einem Fuß und mit beiden Füßen den Ort zu verlassen
  • Ob das Instrument eine (unterstützende?) Rolle gespielt hat
  • Wie der "sichere Ort" im Alltag aussieht: ist es ein Ort, eine Person, ein Gedanke, ein Gegenstand
  • Bezug zwischen der Übung und den Alltag - wie es ist, den sicheren Ort zu verlassen, wie man sich unterstützt oder unterstützen könnte

Die Musik

Das Lied findet man auf YouTube unter "Spiritfarer - At Sea (One Hour Loop)" - link unten.

Das Lied ist im Originalform ca. 3 Minuten lang. Um 1:30 kommt einen Teil mit nur Gitarre. So kann man sich die Wiederholungen bei der 1-Stunde Version gut merken und die Übung gut strukturieren.

Ich habe die Anleitung in Pünkte / Schritte aufgeteilt und leite sie so, dass ich zum nächsten Punkt gehe, wenn die Gitarre spielt. Dann habe ich ca. 3 Minuten für einen Schritt. Der erste Punkt, in dem man einfach ankommt, mache ich etwas länger - also einen kompletten Durchgang vom Lied plus die erste Hälfte nochmal. Dann kann ich mit der Gitarre zum nächsten Punkt (hoffentlich macht das Sinn, wenn man die Musik hört!).

Als Leiter:in fühlt sich das immer sehr langsam an, aber man kann sich sehr gut Zeit lassen und die Patient:innen immer wieder ans Atmen und Spüren erinnern.

Oh, und ich glaube, die Musik ist in C, also sollten viele kleine Instrumente dazu passen können. :-)